Mazda CX-5 als Connected Car
(06.04.2016 08:00 CET)
Ein Modebegriff? Echter Nutzen? Das „Connected Car“ ist in aller Munde, und vor allem die großen Hersteller propagieren es als die Zukunft. Was aber steckt wirklich dahinter? Ich bin seit vielen, vielen Jahren überzeugter Mazda-Fahrer. Mazda 626, Premacy, Mazda 6, Mazda 5 und schließlich das erste Modell des CX-5 in 2012, dazu der Mazda 2 meiner Frau. Gegen die böse Kritik des „Joghurtbechers“, die Pannenstatistik und Preis/Leistung im Rücken. Nicht immer war ich wirklich glücklich mit dem Design, und der Begriff „technisch innovativ“ im Hinblick auf Bordcomputer (in Audi-Nerd-Speak „MMI“) war hier nicht immer naheliegend.
Nun war der Leasing-Vertrag des ersten CX-5 dem Ende nahe, das neue Modell erst Ende des kommenden Jahres in Sicht, und mir fiel die Entscheidung schwer. Einmal mehr war mein Stamm-Autohaus mit einem nicht ausschlagbaren Angebot und der Beratung ausschlaggebend für die Entscheidung für das 2015er Facelift des CX-5. Ein winziges Nebenargument (neben dem schon zum Running Gag gewordenen „Herr Erle, ich hab´ da was Schönes für Sie…“) war dann tatsächlich das neue MZD Connect, die Mazda-Version eines Multimedia-Informationssystems. Entscheidend? Vordergründig nicht, in der Anwendung aber nachher deutlich ja.
Historie und Gegenwart
Wer die erste Version des CX-5 gefahren hat, der hat sich mit hoher Wahrscheinlichkeit an das TomTom-Navigationssystem gewöhnt. Aus meiner Erfahrung superstabil und durch die integrierte SIM-Karte vor allem extrem aktuell bei den Verkehrsinformationen. Beim Schritt zum Facelift hat man dieses „leider“ nicht mitgenommen. „Zu viele Beschwerden“ habe man erhalten, aus meiner subjektiven Sicht nicht nachvollziehbar. Im Facelift des CX-5 findet sich nun ein anderes System, was keine eigene SIM-Karte mehr integriert hat. Dafür aber die Möglichkeit, über einen WLAN-Hotspot online zu gehen und damit aktuelle Informationen zu beziehen.
Die Internetverbindung
Im Menü des MZD Connect findet sich eine Option „Netzwerk“. In dieser kann der WLAN-Empfänger des Systems eingeschaltet werden und sucht sich dann die sichtbaren Netzwerke in der Umgegend. Wer jetzt fragt: „Aber ich bewege mich doch mit dem Auto?!“, der hat Recht. Ein WLAN lässt sich aber auch ohne großen Aufwand mit jedem Smartphone einrichten. Unter Windows Phone heisst das „Mobiler Hotspot“, unter Android „Tethering/mobiler Hotspot“ und unter iOS „Persönlicher Hotspot“. Mit dieser Funktion erzeugt das Smartphone ein WLAN, mit dem sich ein beliebiges Gerät verbinden kann. Wie zuhause kann dieses gesichert werden über Verschlüsselung und Passwort. Technisch wird hier einfach die Datenverbindung des Geräts über das WLAN zur Verfügung gestellt.
Das allerdings ist eine temporäre Lösung. Viel schöner ist es, sich einen portablen Hotspot zuzulegen, eine kleine, akkubetriebene Box, die es bei Amazon & Co- für unter EUR 100 gibt. Dazu eine Zweitkarte der eigenen Mobilfunk-SIM (oder eine günstige reine Datenkarte). Die portablen Hotspots erlauben es normalerweise, ohne Akku betrieben zu werden, und schalten sich beim Anschluss an eine 12-Volt-Steckdose im Fahrzeug beim Einschalten der Zündung automatisch ein und später wieder aus. Das hat den Vorteil, dass das WLAN nicht mehr vorhanden ist, wenn das Fahrzeug abgestellt wird und somit nicht „missbraucht“ werden kann. Die Mittelkonsole ist hier ein hervorragender Ort!
Nach dem Koppeln von Fahrzeug und Netzwerk wird die Verbindung bei jedem Neustart automatisch hergestellt. Der Erfahrung nach dauert das eine knappe Minute.
Sonderfall/Problemlösung bei den ersten Facelifts
Wer eines der ersten Modelle des Facelifts hat, der wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Problem stossen: iPhone und Android-Geräte wie auch die meisten Hotspots verweigern die Verbindung. Statt eines hübschen Häkchens neben dem WLAN bekommt der verblüffte Fahrer „Netzwerkfehler“ angezeigt. Dies lässt sich auf zwei Arten beheben:
Der Workaround ist simpel, aber nicht immer möglich: Im Normalfall handeln das Endgerät und der Verbraucher automatisch den WLAN-Kanal aus, der gerade frei ist. Bei WLAN-Hotspots gibt es dazu eine Einstellung „Automatisch“ bei der Kanalwahl. Damit kommt die Version der Communication Main Unit (CMU), die im CX-5 für den Verbindungsaufbau verantwortlich ist, nicht klar. Legt man stattdessen Kanal 11 manuell fest, dann funktioniert die Verbindung stabil und dauerhaft.
Das allerdings ist im Standard bei einem Smartphone nicht möglich. Windows Phone und iOS bieten dies gar nicht an, bei Android kann man sich zumindest noch mit einer App behelfen.
Die dauerhafte Lösung: Der Austausch der CMU beim Mazda-Fachhändler. Dem darf man nicht böse sein, wenn er bei der ersten Nachfrage von nichts weiß: ganz offensichtlich sind es sehr wenige Anwender, die diese Funktion nutzen. Spätestens die Nachfrage bei Mazda Deutschland bestätigt den Fehler aber. Einmal mehr ein Dank an meinen Händler, der hier vollkommen unkompliziert und schnell reagiert hat. Mit dem neuen Modell der CMU funktioniert die Verbindung dann auch mit automatischer Kanalwahl.
Verkehr, Wetter, Kraftstoffpreise
Wofür aber betreibt man all diesen Aufwand? Und lohnt der sich überhaupt? Am Ende sind es drei Bereiche, die genutzt werden können. Abhängig davon, wie man sie nutzen würde, kann der Nutzen gegen die Kosten der Datenkarte/der Hardware abgewägt werden.
Für mich am wichtigsten: Der Live-Traffic. Verkehrsmeldungen, die über TMC und TMC Pro übertragen werden (der Standard der allermeisten Navigationssysteme), sind meist träge. Bis die Störung gemeldet ist, ins System eingespeist ist und dann an die Navigationssysteme übertragen ist, dauert es, ebenso bei der Abmeldung von Störungen. In der Summe ist man also oft ein einem Stau, den es laut System gar nicht geht. Schlimmer noch: Man umfährt einen Stau um den Preis einer längeren Fahrzeit und -Strecke, der schon lange nicht mehr existiert. Live Traffic nutzt das Mobilfunknetz, um die aktuellsten Informationen abzurufen und in die Routenplanung einfließen zu lassen. Das auch während der Fahrt. Das WLAN ist hier der Ersatz der integrierten SIM-Karte der TomTom-Systeme.
Der Erfahrung nach ist der Gewinn an Aktualität deutlich spürbar: In vielen Fällen führt das System das Fahrzeug von der Autobahn herunter, wenn man das Stauende gerade am Horizont sehen kann. Genauso umfährt es Staus, die schon existieren, weiträumig.
Zweiter Punkt: Die aktuellen Spritpreise. INRIX bietet auch als App und Service die aktuellen Spritpreise in der Umgegend. Möglich gemacht hat dies unter anderem die Markttransparenzstelle für Kraftstoffe, die es seit 2013 gibt und die die Meldung der aktuellen Preise bei Preisänderungen vorschreibt. Im MZD Connect kann die gewünschte Kraftstoffart eingestellt werden und dann die aktuellen Preise abgerufen werden. Die angezeigten Tankstellen können dann wieder als Ziel für die Navigation verwendet werden. Das ermöglicht eine schnelle Orientierung: Preis, Entfernung und gegebenenfalls die Marke (wichtig für Nutzer von markengebundenen Tankkarten) können zur Entscheidungsfindung herangezogen werden.
Der dritte Dienst ist die Wettervorhersage. Nun mag man sich streiten, welche praktische Relevanz das Wetter auf der Route hat, aber sei es drum: Sowohl für einzelne Orte als auch in der Kartenansicht kann es angezeigt werden.
Kopplung mit dem Smartphone, SMS, EMails
Nach der Kopplung des Telefons per Bluetooth können wie üblich Kontakte und Anruflisten synchronisiert werden, Favoriten angelegt werden und natürlich Telefonate geführt werden. Auch der Zugriff auf eingehende Nachrichten (SMS) ist möglich, wobei sich hier System zu System und teilweise gar Telefon zu Telefon anders verhalten können. Android (getestet mit Samsung S7 Edge und Blackberry Priv) ist vollkommen schmerzfrei, iOS (getestet mit iOS 9.3 auf einem iPhone 6 und einem 6S Plus) ebenfalls. Windows Phone (Lumia 930) ebenfalls, Windows 10 Mobile (auf einem Lumia 950 und 950XL) war nicht zu einer stabilen Verbindung zu bekommen. Es empfiehlt sich also, beim freundlichen Händler einmal zu testen, wenn dies ein kaufentscheidender Faktor ist.
Ein gerne genommenes Missverständnis, das sich aus den Marketingmaterialien von Mazda ableiten lässt: Ja, das MZD Connect kann Emails lesen, vorlesen und organisieren. Allerdings ist dies keine eigene Funktion, die das WLAN nutzt, sondern immer abhängig von der Kopplung eines Smartphones. Aktuell ist es so, dass Windows Phone und iOS keinen externen Zugriff auf die Emails erlauben, Android aber schon. Der Hintergrund ist ein technischer: Der Zugriff erfolgt per dediziertem Bluetooth-Profil. Windows Phone und iOS sind hier sehr restriktiv, Android eher locker, und so hat letzteres das Profil integriert, die beiden anderen nicht. Nachrüsten per App kann man es leider aber nicht.
Der Betrieb allerdings ist für mich ein absolutes Highlight: Kommt eine neue Email auf dem Smartphone an, dann erscheint auf dem Display des MZD Connect eine Meldung. Der einfachste Fall: Die Nachricht kann vorgelesen werden, indem einfach nur auf den Control Stick getippt wird. Zum Thema Verkehrssicherheit: Das geht blind, ohne, dass man den Blick von der Straße nehmen muss.
Ebenfalls ist der Zugriff auf den kompletten Posteingang möglich, Mails können gelöscht und auch unabhängig von der Eingangbenachrichtigung gelesen werden. Das allerdings tunlichst nicht während der Fahrt...
Und die Qualität des gelesenen Inhalts ist überraschend gut: Auch bei einer Mischung von deutschem und englischem Text kann man es verstehen. Ignoriert man die Meldung, dann verschwindet sie nach einigen Sekunden automatisch und der Navigationsbildschirm – oder was auch immer beim Eingang der Nachricht angezeigt wurde – erscheint wieder.
Der Nutzen
Liebe männliche Leser, lasst Euch gesagt sein: Diese Diskussion umgeht mit Euren Frauen, die Erfahrung zeigt, dass „Toll. Und? Braucht man das?“ schon das höchste der Begeisterungs-Gefühle sein wird. Aber tatsächlich, die reine Technikbegeisterung mal außen vor gelassen, der Nutzen ist immens. Wer mit dem Auto weitere Strecken unterwegs ist und sich (un)gerne in Staus wiederfindet, der wird die Ergänzung der Verkehrsmeldungen um aktuelle Informationen nicht missen wollen. Ich bin immer noch der Meinung, dass das TomTom-System der ersten Generation des CX-5 signifikant besser war (vor allem in der Neuplanung einer Route unterwegs), aber der Vorteil zum reinen TMC ist spürbar.
Spritpreise sind „nett“, kranken aber ein wenig daran, dass beispielsweise beim Diesel Sportsline als Standard „Premium Diesel“ eingestellt ist, die Umstellung auf „Diesel“ nach Parken (und damit abgeschalteter Zündung) wieder gelöscht ist. Trösten kann man sich da höchstens damit, dass eine Tankstelle mit günstigem Premium Diesel auch automatisch meist im normalen Diesel ebenfalls günstig ist.
Die Wetterinformationen sind nett, aber durchaus verzichtbar, zumal jedes Smartphone diese kostenlos liefert.
Für 56,80 (für ein Jahr) oder 92,83 (für 3 Jahre) allerdings ist das Gesamtpaket absolut angemessen. Die Buchung findet online hier statt.
Der Email-Zugang aber ist für mich der eigentliche Reiz: Mittlerweile ist man vom Medium Email so dermaßen abhängig, dass man oft unterwegs auch "mal eben" sehen möchte, was da gerade angekommen ist. Vor allem dann, wenn man auf eine wichtige EMail wartet. Das Risiko, während der Fahrt auf das Smartphone oder auch nur auf eine Smartwatch zu schauen, rechtfertigt das nicht. Die im MZD Connect integrierte Lösung ist funktional und komfortabel.
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